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Historie

Im Mittelalter wurden Maschinen weniger anhand von gezeichneten Plänen angefertigt, sondern auf Basis von deutlich kleineren Modellen in Miniaturausführung.

Ein solches steht in der Sammlung des Museums in der schönen Schweizer Stadt Bern.

In wissenschaftlichen Kreisen ist bis zum heutigen Tag unbekannt, ob jemals so eine Maschine in wahrer Größe gebaut wurde, geschweige denn, ob sie funktionierte.

Ausgangsbasis für das AsA-Fachpraxisprojekt war also nichts weiter als eine wissenschaftliche Frage, die Energie des Teams und folgender Abschnitt eines Buches aus den 30er Jahren:

 

Modell einer zweirädrigen Wurfmaschine. 16.-17. Jahrhundert.
Gestell aus Schmiedeeisen, Federn aus Stahl, Räder aus Holz.

An der vierkantigen Radachse sind ein wagrechtes und ein senkrechtes Rahmengestell befestigt und aussen durch einen Halbkreisbogen miteinander verbunden.
Das wagrechte Gestell trägt hinten einen S-förmig gebogenen Richthebel, das senkrechte oben an der vierkantigen Wurfachse den das Geschoß aufnehmenden Löffel.
Unter der Radachse gehen, durch Klammern festgehalten, zwei gebogene Federn durch, die mit der Wurfachse hinten und vorn durch je zwei Zugstangen mit Kettengelenken verbunden sind.
Parallel zur Wurfachse läuft eine Sprosse, an welcher der Abzughebel mit Feder befestigt ist, dessen Ende in den Einschnitt einer an der Wurfachse befindlichen Nuß eingreift.
Beide Enden der Wurfachse sind für eine fehlende Drehvorrichtung vierkantig zugefeilt.
Wird die Wurfachse um 90° gedreht, so zieht sie die Zugstangen um eine Vierkantbreite an sich heran, die Federbogen werden gespannt, und der Abzugshebel greift in die Nuß ein.
Die Räderachse und die darüber befindliche Parallelsprosse sind in der Mitte gelocht zur Aufnahme einer (fehlenden) Stange, die zur Bodenbefestigung des Modells diente.
Die Holzräder sind im 19. Jahrhundert ausgewechselt worden.

Das Zeughausinventar von 1687 beschreibt das in der Kunstkammer aufbewahrte Modell:
„Modell von Eissen eines Wurfzeugs zu Granaden uff zweyen Räderen“.

Länge
56
 
cm
Höhe    
51
 
cm
Radachse
45,5
 
cm
Horizontalrahmen
42,5/23,4
 
cm
Vertikalrahmen
30,2/22,8
 
cm
Wurfachse
28,5
 
cm
Löffel   
12,5
 
cm
Raddurchmesser
28,2
 
cm
Gewicht
12600
 
gr

 

Dr. Geibig: "Leuchtballen und Wurfmaschinen – bemerkenswerte Kampfmittel im Belagerungskrieg des Mittelalters und der frühen Neuzeit"

Wenn man sich mit Belagerung und Verteidigung von festen Plätzen, mit Belagerern und Belagerten im Mittelalter und in der frühen Neuzeit beschäftigt, so lässt sich einiges zur Festungsarchitektur, zur Artillerie, zu Form und Einsatz von Großgeräten wie Rammen und Türmen und manches über den Einsatz von Minen lesen. Schon die Feuerwaffen kleineren Kalibers, dies gilt auch für ihre Vorgänger, die mechanischen Distanzwaffen wie Armbrust und Bogen, erfahren in diesem thematischen Zusammenhang heute wie auch bei zeitgenössischen Chronisten anscheinend nur eine vergleichsweise bescheidene Aufmerksamkeit.


Wenn das schon für Handfeuerwaffen, die für damalige Verhältnisse recht wertvoll waren, zu gelten scheint, so verwundert es nicht, dass andere, vom verarbeiteten Material her eher geringwertige Waffen nur wenig Erwähnung fanden und finden. Dies gilt in vielerlei Hinsicht besonders für Kleinkampfmittel, von denen sich die meisten unter dem Begriff »ernstes Feuerwerk« zusammenfassen lassen. Interessanterweise gingen dagegen militärische Lehrmeister bzw. zeitgenössische Fachautoren wie z. B. Leonhart Fronsperger (1571), Ernst Braun (1682) und Wilhelm Dilich (1689) in ihren Publikationen erheblich ausführlicher auf die Herstellung und den Gebrauch des Feuerwerks ein.


Aufgrund ihrer wahrscheinlich kostengünstigen Herstellung aus vergleichsweise leicht und überall beschaffbaren Bestandteilen sowie ihrer meist handwerklich einfachen Herstellung und guten Handhabbarkeit, boten sich »Ernstfeuerwerke« für eine Massenproduktion und für entsprechende Vorratshaltung an. So wurden z. B. in Inventaren des Steierischen Landschafts-Zeughauses von 1625–1684 neben unterschiedlichen Halbfabrikaten und Zwischenprodukten mehr als 4000 Handgranaten aus unterschiedlichen Materialien, ca. 470 Pechkränze, 228 Sturmtöpfe, 24 Feuerballen und 1300 »Schläge« (»Mordschläge«) zur Armierung von Feuerwerk aufgeführt (Pichler 1880, XIX). Entsprechend ihres pyrotechnischen Charakters dienten diese Waffen üblicherweise nur zum einmaligen Gebrauch, waren also im wahrsten Sinne des Wortes ›Verbrauchsgut‹. Als sie letztlich ihre militärische Bedeutung verloren – einen wirtschaftlich relevanten Materialwert hatten sie meist wohl nicht besessen –, schwand sicherlich auch allgemein das Interesse an ihrer weiteren Aufbewahrung. Obwohl wahrscheinlich an zahllosen befestigten Orten Mitteleuropas in großen Mengen vorhanden, war der nunmehr nutzlose, oft zu einem beträchtlichen Anteil aus organischen Materialien bestehende ›Militärschrott‹ nur noch eine Last. Ohne schlechtes Gewissen ließ man ihn verkommen; wenn er störte, versuchte man ihn loszuwerden oder man duldete stillschweigend dessen sekundäre Verwertung. Eine fast vollkommene Entsorgung dieser Objekte war somit gewährleistet. Während die wertvolleren, in gewisser Hinsicht haltbareren Feuerwaffen auch nach ihrer ›aktiven‹ Verwendungszeit zu beachtlichen Anteilen in Rüstkammern, Zeughäusern und Arsenalen weiter aufbewahrt wurden und uns deshalb in vergleichsweise großer Anzahl überliefert sind, ist die ehemals wohl große Masse an Feuerwerk und anderen Kleinkampfmitteln auf einen verschwindend kleinen Rest zusammengeschmolzen, der seinem Charakter treu bleibend auch heute kaum Aufmerksamkeit erzeugt. Nur wenige Realien sind erhalten geblieben, noch weniger sind publiziert.

Nachbau eines Feuerballens (Brand- oder Leuchtsatz) von ca. zwei bis drei Kilo

 

In der einschlägigen Feuerwerksliteratur dagegen nimmt die Herstellung von „Feuerballen“ einen nicht unbeträchtlichen Raum ein. Diese dienten Angreifern wie auch Verteidigern von festen Stellungen als Brandsätze bzw. zur Beleuchtung eines Kampffeldes. Als Brandsätze sollten die Ballen leicht brennbare Bestandteile von Häusern, Wehren und Maschinen entzünden und im günstigen Falle zerstören. Notwendige Löscharbeiten oder zumindest Löschversuche banden unter Umständen in erheblichem Maße gegnerisches Personal und schwächten so zusätzlich die feindliche Kampfkraft.


Bei gleichem Grundprinzip gibt es zahlreiche Varianten dieses Feuerwerks die sich in ihrer Größe und Handhabung erheblich, in ihrem technischen Aufbau, ihrer Spreng-, Brand- und Leuchtmittelfüllung und ihrer Funktion geringfügiger unterscheiden. Die meisten Anleitungen beschreiben Brand- und Beleuchtungssätze, die in der Regel für den Wurf mittels eines Mörsers oder – wohl seltener – mittels mechanischer Wurf- bzw. Schleudermaschinen konzipiert waren.

Genau so eine Maschine ist zumindest als Modell des 16. Jahrhunderts bis in unsere Zeit bewahrt worden. Im Rahmen eines Projektes im BFZ Coburg wurde in den vergangenen Monaten auf der Basis des Modelles versucht, diese Maschine in der vermuteten Originalgröße zu rekonstruieren. Geplante Tests sollen in den kommenden Monaten Aufschluß über mögliche Leistungen , wie u.a. Schußweiten, Schußfrequenzen, Streueigenschaften und Handhabbarkeit dieses über vierhundert Jahre alten, in Form eines Modelles überlieferten, Konzeptes geben. Wir sind alle sehr gespannt…!

 

 

Weitere Fragen zum historischen Hintergrund?

Dr. Alfred Geibig
c/o Kunstsammlungen der Veste Coburg
D 96450 Coburg

Tel. 09561/879 – 41
Fax 09561/879 – 66

E-Mail: a.geibig@kunstsammlungen-coburg.de

 

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